Lediglich kleinere Umbauten wurden vorgenommen. Im nächsten Frühjahr soll es nun endlich losgehen mit dem Neubau des inzwischen ziemlich maroden Komplexes an der Dolgenseestraße 8. Die alten Gebäude werden dafür abgerissen. Es entstehen zwei zehngeschossige Wohnhäuser (etwa 680 Wohnungen) mit Gewerbeflächen im Erdgeschoss und eine neue Kindertagesstätte. Gleichzeitig soll der öffentliche Raum aufgewertet werden. Rund 130 Millionen Euro will Investor Klaus Off (OIB Projekt 23 GmbH & Co. KG Königsbrunn) dafür aufwenden. Off hatte die Immobilie im Dezember 2015 von den bisherigen Besitzern, der Weiss-Magura GbR, zwei älteren Herren aus Bayern, erworben. Am 29. Februar beantragte er das Einleiten eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans, vor kurzem gab es die Zustimmung der Senatsstadtentwicklungsverwaltung dafür.
Traditionelle DDR-Dreifaltigkeit
Das Dolgensee-Center war in den 1970er-Jahren, wie traditionell in DDR-Plattenbaugebieten üblich, als »Dreifaltigkeit« von Dienstleistungswürfel mit verschiedenen Serviceeinrichtungen, Clubgaststätte (hier:»Drushba«) und Kaufhalle errichtet worden. Der Komplex ist der einzige seiner Art in Lichtenberg, der in dieser Struktur noch erhalten geblieben ist. Dass sich dort jedoch dringend etwas tun muss, darüber sind sich die Anwohner einig, die vor einigen Tagen bei einer Bürgerversammlung über die Pläne des Investors informiert wurden. Auch einige Tage danach liefert das noch Gesprächsstoff im Viertel.
Boulevard und Piazza
»Endlich passiert etwas«, sagt eine Frau, die mit ihrem Hund eine Gassi-Runde dreht. Sie freue sich darauf, dass nicht nur neue Häuser gebaut werden, sondern auch bessere Aufenthaltsflächen geschaffen werden. Denn Herzstück des neuen Centers soll ein Boulevard werden, der am westlichen Ende in eine Piazza endet. Der vorhandene Baumbestand soll in eine grüne Promenade integriert werden, neue Gehwege, Spiel- und Sitzbereiche sowie großzügige Rasenflächen werden angelegt. Versprochen ist, dass der Kugelbrunnen und die Bronzeplastik »Junges Paar« erhalten bleiben. Auch an eine Skaterbahn, verschiedene Sitz- und Liegeelemente sowie Kletterstangen und einen Kletterwald ist gedacht. Die Hundehalterin wendet sich einer Rentnerin zu, die mühsam ihren Rollator über den holprigen Gehweg schiebt: »Für Sie wird es dann doch auch einfacher, wenn die Wege neu gemacht werden«, sagt sie. Die betagte Dame bejaht das, hat aber eine ganz andere Befürchtung: »Wenn die Kaiser’s-Halle abgerissen wird, wird es hier schwer mit dem Einkaufen.«
Problem: Nahversorgung in der Bauzeit
Investor Off bezeichnet das Aufrechterhalten der Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs als »eine Herausforderung«. Noch gibt es keine konkrete Lösung dafür. Es soll jedoch für Möglichkeiten gesorgt werden. Off sagte, dass bereits viele Anregungen von Bürgern für die Gestaltung des neuen Centers eingegangen seien. »Ich bin sehr berührt von der engen Bindung der Bürger an ihren Kiez. Hier wird gern gewohnt, und das seit Jahrzehnten.«
Ziel: Hohe Aufenthaltsqualität
Lichtenbergs Stadtentwicklungs-Stadtrat Wilfried Nünthel (CDU) zeigt sich zufrieden über die Entwicklung: »Wir werden als Bezirk alles daran setzen, dass sich das Vorhaben gut in die Umgebung einpasst und eine hohe Aufenthaltsqualität geschaffen wird.« Die Nahversorgung werde deutlich aufgewertet und langfristig gesichert. Laut Zusage des Investors sollen die vorhandenen Gewerbemieter die Möglichkeit erhalten, auch ins neue Center umzuziehen.
»Marco Polo« bleibt – und zieht in neue Räume
Das bestätigt man bei »Marco Polo«, einem beliebten italienischen Restaurant mit ausgezeichneten Speisen, das seit fast 20 Jahren eine Institution im Kiez ist und am Fennpfuhl und Biesdorf Ableger hat, »Marco Polo due« und »Marco Polo tre«. »Für uns werden extra neue Räume gebaut«, weiß einer der Beschäftigten. Erst wenn diese fertig seien, werde umgezogen. Denn gebaut wird abschnittsweise. Die Gaststätte ist neben anderen Einrichtungen wie Apotheke und Jugendclub im früheren Dienstleistungshaus untergebracht. Der Jugendclub Betonoase bekommt laut Nünthel an der Dolgenseestraße 60 A einen Neubau, finanziert wird das aus Mitteln des Programms Stadtumbau Ost.
Zahlen und Fakten:
– Die Fläche des derzeitigen Dolgensee-Centers beträgt etwa 18.500 Quadratmeter, weitere rund 3.000 Quadratmeter wurden für das Projekt dazu gekauft.
– In zwei zehngeschossigen Gebäuden entstehen rund 680 Wohnungen (zwischen 30 und 100 Quadratmeter Größe), ein Drittel im öffentlich geförderten Wohnungsbau (Miete 6,50 Euro nettokalt je Quadratmeter).
– Die Gewerbefläche im Erdgeschoss beträgt insgesamt rund 6.000 Quadratmeter (Einzelhandel, Gastronomie, medizinische Versorgung und Dienstleistungen).
– Eine Tiefgarage mit 75 Stellplätzen entsteht, weiterhin 34 Stellplätze für Kurzzeitparker. Mehr als 800 Fahrradabstellplätze werden geschaffen.
– Aufgrund des Wohnungsneubaus verzichtet der Bezirk auf bisherige Pläne, den nahegelegenen Parkplatz auf öffentlichem Land zu entsiegeln und eine Grünfläche dort anzulegen.
– Baubeginn für das neue Dolgensee-Center soll im Frühjahr 2017 sein, die geplante Fertigstellung zwei Jahre später. Die Planungen haben Elwardt & Lattermann, Gesellschaft von Architekten, Berlin, übernommen.
Autor: Birgitt Eltzel