Auf Bänken kann man ausruhen. Dass diese Atmosphäre bleibt und die Freiflächen nur in erträglichem Maß reduziert werden, dafür soll ein Bebauungsplan sorgen. Im Oktober hat das Bezirksamt Lichtenberg den Beschluss gefasst. Er ist die Reaktion auf Pläne der Howoge. Sie hatte eine Machbarkeitsstudie für ihr Grundstück an der Ilsestraße vorgelegt. Acht Stadtvillen und vier Wohnriegel sind möglich. 200 neue Wohnungen würden entstehen, 30 Prozent davon für eine Kaltmiete von 6,50 Euro je Quadratmeter. Im Gegenzug sollen Spielflächen verschwinden, fast 90 Bäume gefällt werden.
»Wir begrüßen den Bebauungsplan«, sagt Jörg Ahlfänger vom Bürgerverein Karlshorst. Der Verein hatte sich schon im August an Stadtentwicklungsstadtrat Wilfried Nünthel (CDU) gewandt und Bedenken gegen die Neubauten in den Höfen geäußert. »Das Lebens- und Wohngefühl in Karlshorst soll erhalten bleiben, mit Grün und etwas Platz«, sagt Ahlfänger. Er verweist auf die so genannte Bereichsentwicklungsplanung. Sie gibt Baupotenziale für 12.000 neue Wohnungen auf geeigneten Flächen in Lichtenberg an, ohne dass Innenhöfe bebaut werden müssten. Wie an der Ilsestraße sind inmitten vieler Lichtenberger Plattenbausiedlungen solche Grünflächen angelegt. Deshalb hat die BVV im Juli beschlossen, dass Bebauungspläne für potenziell bebaubare Innenhöfe im Bereich der Großsiedlungen aufgestellt werden sollen. »Über das Planungsrecht können wir definieren, welche Entwicklung wir an welchen Standorten für tragfähig halten«, so Stadtrat Nünthel. Das Verfahren für die Ilsestraße ist der Auftakt. In der Begründung des Bezirksamtes steht, dass die durchgrünten Innenhöfe wesentlich zur Wohnqualität beitragen. »Eine Überbauung dieser Flächen würde nicht nur einen Verlust an Vegetation mit sich bringen.« Auch eingeschränkte Sichtbeziehungen, ungünstigere Lichtverhältnisse in den Wohnungen, zu enge Bauabstände, Lärmprobleme, ein Verlust von Erholungsflächen und eine Verschärfung der Stellplatzsituation wären die Folgen.
Die Argumente der Verwaltung finden auch in Fennpfuhl große Aufmerksamkeit. »Diese Begründung ist wie für uns gemacht«, sagt Bernd Fleischmann, seit 21 Jahren Anwohner der Paul-ZobelStraße. Auch dort will die Howoge auf dem Innenhof bauen. Sie hat ein 4000 Quadratmeter großes Grundstück vom Land Berlin gekauft und plant zwei Achtgeschosser mit 70 Wohnungen und eine Kita. 23 der 43 Bäume auf der Fläche werden gefällt, darunter Eschen, Ahorne, Linden, Pappeln und eine Silberweide. Auch die Anwohner Bert Kuhn und Galina Weber kämpfen in einer Bürgerinitiative dafür, dass die Grünfläche im Hof erhalten bleibt. Beide leben seit 1974 an der Paul-Zobel-Straße und haben die Bäume einst gepflanzt. Die Anwohner seien nicht in die Planung einbezogen worden, kritisiert Bert Kuhn. Auch an der Neustrelitzer Straße in Alt-Hohenschönhausen gibt es Kritik an Plänen der Howoge. Sie will auf einer Brache rund 100 Wohnungen bauen. »Begeistert ist hier niemand«, sagt ein Bewohner der benachbarten Häuser. An der Paul-Zobel-Straße ist es zu spät für einen Bebauungsplan. Doch die BVV möchte jetzt prüfen lassen, ob der Kaufvertrag für das Grundstück rückabgewickelt werden kann. Das Bezirksamt habe sich deshalb an die Senatsfinanzverwaltung gewandt. Die Antwort stehe noch aus, so Stadtrat Nünthel. Die Howoge halte jedoch an ihrem Vorhaben fest. Die Baugenehmigung könne nicht versagt werden, weil das Vorhaben baurechtlich zulässig sei. Doch es gibt zwei Punkte, in denen das Amt Änderungen für erforderlich hält. Zum einen geht es um die Verkehrserschließung, denn die Straße im Hof ist eng. Dennoch müssen die Häuser jederzeit für Einsatzfahrzeuge erreichbar sein. Zum anderen geht es darum, wie sich der Neubau in die Umgebung einfügt. Beide Themen sollen nun bei einer Anhörung besprochen werden. »Wenn die Howoge diese Belange klä- ren kann, wird die Baugenehmigung erteilt«, sagt Stadtrat Nünthel. »Ich gehe davon aus, dass das der Fall sein wird.« Auch der Linken-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg unterstützt die Bürgerinitiative in Fennpfuhl. Er hat sich die Unterlagen zum Grundstück angesehen. »Die Fläche ist in der Bereichsentwicklungsplanung des Bezirks von 2005 als Grünfläche ausgewiesen«, sagt er. Dies habe die BVV angeregt. Doch in späteren Dokumenten des Bezirksamtes sei das Areal als Baugrundstück bezeichnet. Schlüsselburg will herausfinden, wie es dazu kam. Zudem hält er eine politische Lösung für möglich. »Das Problem der Nachverdichtung haben wir auch anderswo in Berlin.« Deshalb wolle die Linke im Abgeordnetenhaus erreichen, dass solche Neubauprojekte angehalten werden, bis das Thema in den Koalitionsverhandlungen besprochen ist.
Autor: Sabine Flatau