Doch das Bezirksamt folgt dem BVV-Beschluss nicht. Man werde das Bebauungsplanverfahren unverändert fortsetzen und damit den Empfehlungen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung folgen, heißt es im Bezirksamtsbeschluss. Er ist am 15. Dezember Thema der BVV-Sitzung.
Das Land hat bereits Flächen im Quartier an der Mole verkauft. Das Abgeordnetenhaus stimmte Anfang September zu. Weitere Kaufverträge sind in Vorbereitung. Doch diese Verträge werden erst vollzogen, wenn der Bebauungsplan festgesetzt ist. Mit dem Verkaufserlös sollen Straßen, öffentliche Grünanlagen und Bodensanierungen im Entwicklungsgebiet bezahlt werden. Die Käufer der Grundstücke müssten Planungssicherheit haben, meint die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Eine Rückabwicklung der Kaufverträge, die mit Entschädigungen verbunden sein könnte, sei zu vermeiden – so heißt es in einem Schreiben an Stadtentwicklungsstadtrat Wilfried Nünthel (CDU). Für den Bebauungsplan liege »ein dringendes Gesamtinteresse Berlins vor«. Die gesamte Entwicklungsmaßnahme Rummelsburger Bucht habe vor 22 Jahren begonnen und müsse beendet werden. Voraussetzung dafür sei die Festsetzung des Bebauungsplanes.
Im Quartier an der Mole sollen insgesamt 700 Wohnungen gebaut werden. Rund 200 will die Howoge errichten. Außerdem ist eine neue Touristenattraktion geplant. Ein Investor möchte für 40 Millionen Euro das »Wasserhaus« auf einem 16.000 Quadratmeter großen Grundstück an der Kynaststraße errichten. Er hat bereits einen Kaufvertrag abgeschlossen. Angekündigt ist eine Ausstellung über das Ökosystem Wasser, mit Terrassen bis zum Ufer der Rummelsburger Bucht. Besucher sollen Fische beobachten, Tauchgänge machen und Korallengärten sehen können.
Doch auf der Fläche an der Kynaststraße soll aus Sicht der Bezirksverordneten die Gemeinschaftsschule errichtet werden. Man dürfe nicht nur in Wohnungen und Touristenattraktionen investieren, sagt Claudia Engelmann, 36 Jahre alt, Vorsitzende des Bezirkselternausschusses Schule und Bezirksverordnete der Linken. Sie hat zwei Söhne, die an die Schule an der Victoriastadt gehen. »Der Schulstandort in Rummelsburg ist in den vergangenen Jahren vernachlässigt worden, in allen Bebauungsplä nen für dieses Gebiet«, sagt Claudia Engelmann. »Es ist ärgerlich, dass die Bevölkerungsentwicklung offensichtlich falsch eingeschätzt wurde.« Der intensive Wohnungsbau habe zur Folge, »dass die Schule an der Victoriastadt massiv überlastet ist und die Eltern der Schüler dagegen protestieren.« Spätestens zum nächsten Schuljahr werde die Kapazitätsgrenze erreicht sein. Für 525 Kinder sei Platz, »aber perspektivisch sind für dieses Einschulungsgebiet 850 Mädchen und Jungen zu erwarten, die einen Grundschulplatz brauchen.«
Und in fünf Jahren werde man viele Plätze in weiterführenden Schulen benötigen. Das Konzept der Gemeinschaftsschule könne am besten auf stark schwankende Schülerzahlen reagieren. Die Senatsverwaltung hat als neuen Standort für eine Grundschule ein Gelände an der Hauptstraße 8 vorgesehen, das derzeit von der Polizei genutzt wird. Nun liegt eine Machbarkeitsstudie für eine dreizügige Grundschule vor. Die alten Gebäude sollen dafür umgebaut werden. Das Landesdenkmalamt hat keine grundsätzlichen Bedenken. Auch ein Neubau für größere Räume wie Speisesaal, Bibliothek und Fachräume ist geplant. Eine neue Sporthalle, Laufbahnen und Weitsprunggrube sind auf der Freifläche Georg-Löwenstein-Straße Ecke Hauptstraße vorgesehen. Die Senatsverwaltung teilte dem Bezirksamt mit, sie werde die Bemühungen um einen Ersatzstandort für die Polizei forcieren.
Claudia Engelmann hält dennoch an der Forderung einer Gemeinschaftsschule fest. Das Gelände der Polizeiwache an der Hauptstraße 8 sei zu klein dafür. Es sei auch fraglich, ob der hohe Bedarf an Grundschulplätzen dann noch bestehe, wenn die Polizei ausgezogen und das Gelände umgebaut worden sei. Das Gelände an der Kynaststraße, im Quartier an der Mole, sei die letzte große, frei verfügbare Fläche in Rummelsburg, auf der man einen Bildungscampus errichten könne.