Center soll im Innern umgestaltet werden
Diese startet erwartungsgemäß mit Fragen zum Tierpark-Center. Denn da läuft nicht alles so, wie es die Anwohner gern hätten. Fast ein Drittel der Geschäfte stehe leer, klagt eine Rentnerin, die seit mehr als 50 Jahren im Viertel wohnt. »Ich bin Erstbezieherin«, sagt sie stolz. »Und auch beim Aufbau des Tierpark habe ich damals geschippt, wie viele hier.« Nun sei sie wie andere im Wohngebiet in die Jahre gekommen. Ob man denn nicht einen der leeren Räume im Center als Treff für ältere Menschen herrichten könne, fragt sie. Der Stadtrat informiert, dass es einen Eigentümerwechsel gab. Das neue Management habe sich Ende vergangenen Jahres im Rathaus vorgestellt und von Umbauplänen berichtet. So sollten u.a. die Wegebeziehungen neugestaltet, die Geschäfte im Innern besser sortiert werden. »Bei geplanten Baumaßnahmen ist ein gewisser Leerstand durchaus manchmal gewollt«, sagt Nünthel. Die Anregung für eine zeitweilige Nutzung werde er aber mitnehmen und nachfragen, ob sich die Center-Leitung so etwas vorstellen könne. »Bleibt das Bürgeramt bei der Umgestaltung drinnen?«, fragt ein Mann besorgt. Nünthel kann ihn beruhigen: Das bleibt im Center.
Störender Betonfuß, volle Papierkörbe
Weniger das Center als der Weg am neugebauten Kaiser’s-Komplex, in dem es auch einen Blumenladen und eine Gaststätte gibt, bewegt eine Frau um die Vierzig. Sie berichtet, dass der Gastronom den massiven Betonfuß des großen Sonnenschirms auch im Herbst und Winter immer draußen vor der Tür stehen ließ. Weil dann die Tische und Stühle weggeräumt sind, gingen Menschen dort entlang – und gerieten in eine Stolperfalle. Ob man den Fuß nicht in unter den Gehwegplatten einlassen könne? Nicht so einfach, antwortete der Stadtrat. Denn die bewusste Fläche sei eine sogenannte Sondernutzung von öffentlichem Straßenland, also vom Besitzer der Gaststätte gemietet. Der eigentliche Weg befinde sich daneben. Ob man wenigstens etwas dagegen tun könne, dass die Papierkörbe immer so voll seien? Auch der Blumenhändler entsorge manchmal Grünzeug darin. Fabian Peter, der als Referent von Wilfried Nünthel im Rathaus arbeitet, notiert sich das Anliegen. Man nehme die Information fürs Ordnungsamt mit.
Schule bekommt Ergänzungsbau
Dann geht der Spaziergang richtig los. Zunächst gibt es eine kurze Information zur neugebauten U-Bahn-Leitstelle, einem futuristisch anmutenden Gebäude an der Erich-Kurz-Straße mit einer ziemlich bunten Fassade: »Von hier aus wird der gesamte U-Bahnverkehr in Berlin überwacht«, erläutert Fabian Peter. Das sind 151 Züge mit 1.400 Wagen, die auf neun Linien zwischen 170 Bahnhöfen unterwegs sind. Vielleicht lernen ja in der Paul-und-Charlotte-Kniese-Schule gegenüber auch schon U-Bahner von morgen? Die Gemeinschaftsschule an der Erich-Kurz-Straße 6–10, die mit dem Förderzentrum Sehen/Geistige Entwicklung kooperiert, ist sehr gefragt. Weil es immer mehr Kinder im Viertel gibt, erhält die Schule jetzt einen Modularen Ergänzungsbau (MEB). »Nach unseren Erfahrungen werden die MEB von Schülern und Lehrern gut angenommen«, sagt Wilfried Nünthel. Diese Bauten seien nicht mit den sogenannten Schulcontainern aus den 1990er-Jahren zu vergleichen, sondern viel moderner. »Es sind quasi vorgefertigte Plattenbauten in guter Qualität.»
Spannende Plattenbau-Route
Apropos Plattenbauten – praktisch alle Stile des industriellen Bauens in der DDR finden sich in Friedrichsfelde, mit der Splanemann-Siedlung von 1926 sogar die erste Plattenbausiedlung Deutschlands. Seit November vergangenen Jahres gibt es eine Inforoute Platte & Co mit einer Länge von vier Kilometern und insgesamt 15 Infotafeln: »Wenn Sie also ihrem Besuch mal etwas Interessantes zeigen wollen, machen Sie doch diesen Spaziergang«, sagt Nünthel. Die Teilnehmer der Kieztour stehen noch längere Zeit vor der Informationstafel nahe dem »Panorama-Tower« an der Dathepromenade 3. Dort ist das Hochhaus vor der Sanierung zu sehen, es wirkt auf dem historischen Foto nicht nur wegen der Schwarz-Weiß-Aufnahme etwas eintönig. Bei der Modernisierung des Gebäudes wurden auch zusätzliche Balkone angebracht, ein großer Wunsch vieler Mieter. Auf die Idee mit der Plattenbau-Route, der einzigen in Deutschland (»Die Marzahner haben sich geärgert, dass ihnen so etwas nicht eingefallen ist!«), sei ein inzwischen pensionierter Mitarbeiter von ihm gekommen, erzählt Nünthel. Und unter Beifall der Spaziergänger fügt er hinzu: »Wir wollten zeigen, dass Plattenbauten nichts Schreckliches sind, und dass wir auch etwas stolz auf sie sind.«
Handel und Wohnen in einem Komplex
Neue Wohnungsbauprojekte gibt es im Kiez, der bis an die Sewanstraße reicht, nur wenige. An dem früheren Doppelstandort einer Kita in der Erich-Kurz-Straße, die vor einigen Jahren wegen mangelnder Nachfrage nach Plätzen abgerissen wurde, entstand ein modernes Wohngebäude. »Heute würden wir keine Kita mehr abreißen«, sagt Nünthel. Aber in den 2000er-Jahren war die Bevölkerungszahl rückläufig, die Prognosen gingen zudem von einer weiteren Abnahme aus. Das Gegenteil traf ein: »Der Bevölkerungswandel hat das Gebiet erfasst, in Friedrichsfelde sinkt das Durchschnittsalter. Nun brauchen wir auch hier wieder mehr Wohnungen, mehr Kindertagesstätten und mehr Schulen.« Neue Wohnungen sind auch an der Sewanstraße bei Aldi geplant. Der Markt, der weit hinten auf dem Grundstück liegt, soll abgerissen und im vorderen Teil neu gebaut werden, in einem Komplex, der auch ein Wohngebäude enthält. Dort, wo es bis auf etwa 50 Meter an bestehende Häuser heranreicht, soll es fünf Geschosse bekommen, näher an die Straße heran acht. Peter informiert, dass auch in Neu-Hohenschönhausen, am Mühlengrund, eine Kombination Handel-Wohnen geplant ist. Die Investoren dort haben schon eine Baugenehmigung, Aldi muss erst noch den Bauantrag stellen. »Es könnte sein, dass wir in Berlin die Ersten sind, die eine Kombination Handel-Wohnen auf die Reihe bringen«, sagt Stadtentwicklungs-Stadtrat Nünthel.
Keine Verpflichtung zum Parkplatzbau
Dass neue Wohnungen gebraucht werden, leuchtet den Tour-Teilnehmern ein. Dass aber, wie gegenüber des Tierpark-Centers an der Otto-Schmirgal-Straße, dafür Parkplätze wegfallen sollen, weniger. Dort will die Wohnungsgenossenschaft Vorwärts, die gerade ihre Plattenbauten im Karree saniert, einen Zehngeschosser bauen. »Und wo sollen die Autos dann hin?«, fragt ein Mann und beklagt zunehmende Stellplatznot. Helfen kann der Stadtrat bei diesem Problem nicht, denn mit einer Änderung der Berliner Bauordnung im Jahr 2003 entfiel die frühere Verpflichtung der Bauherren, für Auto-Stellplätze zu sorgen. Stattdessen müssten diese nun je Wohnung zwei Abstellmöglichkeiten für Fahrräder nachweisen, so Nünthel.